Rechtsanwalt Prof. Dr. Stephan Arens, Fachwanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Mit Beschluss vom 07.08.2014 – 11 Wx 17/14 hat das OLG Karlsruhe entschieden, dass die Prokura nicht die Vertretungsmacht zur Anmeldung der Änderung der Geschäftsanschrift beim Handelsregister umfasst.
Sachverhalt
Zu Grunde lag dabei folgender Sachverhalt: Die Beteiligte ist eine seit 1993 im Handelsregister eingetragene GmbH mit Sitz in H. Ihr Prokurist beantragte unter Beifügung einer notariellen Unterschriftsbeglaubigung, im Handelsregister einzutragen, dass die inländische Geschäftsanschrift der Gesellschaft V-Straße 14 in H. lautet.
Das Amtsgericht hat gerügt, dass es dem Prokuristen an der Befugnis zur Vornahme von Handelsregisteranmeldungen für das Unternehmen seines Prinzipals fehle. Die Änderung der Geschäftsanschrift müsse entweder von den Geschäftsführern in vertretungsberechtigter Zahl (§ 78 GmbHG) oder unter Einreichung einer entsprechenden Vollmacht (§ 12 Abs. 1 Satz 2 HGB) erfolgen. Bei der Änderung der inländischen Geschäftsanschrift handle es sich um ein Grundlagengeschäft. Zum Schutze der Gläubiger müsse die postalische Erreichbarkeit gewährleistet sein, deshalb genüge die Anmeldung durch einen einzelvertretungsberechtigten Prokuristen nicht.
Ansicht des OLG Karlsruhe
Das OLG Karlsruhe ist dieser Rechtauffassung gefolgt.
Anmeldung ist durch Vertreter möglich …
Gemäß § 8 Abs. 4 Nr. 1 GmbHG hat der Geschäftsführer die Geschäftsanschrift der GmbH zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Ändert sich die Geschäftsanschrift wie hier später, folgt die Pflicht zur Anmeldung aus § 31 Abs. 1 HGB. Zwar ist grundsätzlich die Anmeldung zum Handelsregister durch einen Bevollmächtigten möglich ist, allerdings muss die Vertretungsmacht derartige Handlungen umfassen.
… aber Prokura umfasst nicht die Vertretungsmacht
Vertretungsmacht ist die Befugnis, Rechtsgeschäfte für einen anderen abzuschließen. „Nur“ die Erteilung einer Prokura berechtigt aber nicht zur Anmeldung der Änderung der Geschäftsanschrift beim Handelsregister. Nach § 35 Abs. 2 Satz 3 GmbHG können an die Vertreter der Gesellschaft unter der im Handelsregister eingetragenen Geschäftsanschrift Willenserklärungen abgegeben und Schriftstücke für die Gesellschaft zugestellt werden. Im Hinblick darauf liegt bei der Anmeldung der Änderung der Geschäftsanschrift ein Grundlagengeschäft vor. Dies gilt umso mehr, als die inländische Geschäftsadresse nach § 8 Abs. 4 Nr. 1 GmbHG willkürlich gewählt werden kann und ein Zusammenhang mit dem Stammsitz nicht erforderlich ist, so dass der im Handelsregister eingetragenen Geschäftsanschrift neben dem Sitz der Gesellschaft eine eigenständige Bedeutung zukommt. Die Geschäftsanschrift hat mithin keine so untergeordnete Bedeutung, als dass ihre Anmeldung beim Handelsregister als Geschäft des laufenden Betriebs eines Handelsgewerbes anzusehen wäre.
Da es sich also bei Anmeldungen des Prokuristen zum Handelsregister betreffend das eigene Unternehmen in der Regel um Grundlagengeschäfte handelt, reicht die Vertretungsmacht des Prokuristen hierfür nicht aus.
Ergebnis
Der Beschluss zeigt einmal mehr den Umgang und die Grenzen der Prokura. Der Umfang einer wirksam erteilten Prokura umfasst alle Arten gerichtlicher und außergerichtlicher Geschäfte und Rechtshandlungen, die der Betrieb eines Handelsgewerbes mit sich bringt (§ 49 Abs. 1 HGB). Sie bezieht sich aber nicht auf Rechtshandlungen, die Grundlagengeschäfte darstellen, d.h. auf Geschäfte, die sich auf die rechtliche Grundlage (das Organisationsrecht) des kaufmännischen Unternehmens beziehen. Wie der Beschluss des OLG Karlsruhe zeigt, ist davon auch die Anmeldung der Änderung der Geschäftsanschrift beim Handelsregister umfasst.

